Gestohlene Minuten – Peinlich nasses Mitarbeitergespräch (Kurzgeschichte)

Gestohlene Minuten
Peinlich nasses Mitarbeitergespräch

Von Rebecca Valentin

Kurzgeschichte, erschienen am 08.02.2024

VG Wort

Junge Frau sitze auf Stuhl und muss dringend pinkeln.

 

Schon seit Tagen war Lina das reinste Nervenbündel. Ihre Nervosität sorgte für ein durchgehend flaues Gefühl im Magen und bescherte ihr schwitzige Handflächen, wenn sie nur daran dachte: Auf der Arbeit standen die alljährlichen Mitarbeitergespräche an.

Obwohl es für die junge Frau keinen nachvollziehbaren Grund gab, sich vor dem Termin mit der Chefin zu fürchten, war es ihr, als zwänge man sie, den höchsten der 8000er Gipfel im Himalaya-Gebirge ohne Bergsteigerausrüstung zu erklimmen. Ihre Leistungen waren gut, wie sie immer wieder hörte, daran lag es nicht; Linas aufgewühltes Empfinden hatte hauptsächlich mit ihrer Schüchternheit und dem nur spärlich vorhandenen Selbstwertgefühl zu tun, das sie von Jugend an begleitete. So auch an diesem Morgen, an dem sie im Büro zuallererst auf ihren Kalender schaute, und mit klopfendem Herzen den für 10.00 Uhr angepinnten Zeitpunkt für den Austausch mit ihrer Vorgesetzten erblickte.

 

Noch zwei Stunden, bis es so weit sein würde … Um ihre Aufgeregtheit einigermaßen im Griff zu behalten und sie nicht stärker in sich aufsteigen zu lassen, als es ohnehin bereits der Fall war, versuchte Lina, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Die Angelegenheiten zu bearbeiten, die vor ihr auf dem Tisch lagen, half ein wenig, dennoch blieb eine nicht unwesentliche Restanspannung erhalten, die sie dazu bewog, zur Ablenkung immer wieder in Richtung Teeküche zu pilgern.

Dort angekommen schenkte sie sich bei jedem ihrer Abstecher in den kleinen Raum einen Kaffee nach dem anderen in ihren Becher ein und trank diese jeweils in großen Schlucken leer.

Die Seltersflasche an ihrem Platz blieb ebenfalls nicht unberührt, so dass es nicht lange dauerte, bis sich die Blase der jungen Sachbearbeiterin zum ersten Mal meldete und der Druck kontinuierlich anstieg. Von Minute zu Minute nahm er gefühlt stärker zu, was ein ruheloses Wibbeln mit dem Po und das unwillkürliche Wackeln der Beine unter der Schreibtischplatte mit sich brachte. Glücklicherweise saß Lina in ihrem eigenen kleinen Büro und musste sich deshalb nicht anstrengen, die unruhigen Bewegungen vor ihren Arbeitskollegen zu verbergen.

 

Den höchst erforderlichen Gang zur Toilette bis kurz vor Beginn des Meetings hinauszuzögern, erwies sich im Nachhinein als wahrhaft dumme Idee. Sie wollte sichergehen, nicht inmitten der Unterredung ein zweites Mal pinkeln zu müssen, allerdings ging dieser Plan nicht auf. Eine kurz vorher eintreffende E-Mail ihrer Chefin machte der 20-Jährigen einen schamvollen Strich durch die Rechnung, den sie so bald nicht wieder vergessen dürfte …

 

Von der leisen Hoffnung begleitet, das unliebsame Mitarbeitergespräch könnte verschoben oder noch besser ausgefallen sein, öffnete Lina die Nachricht in ihrem Mailprogramm. Hierbei rutschte sie merklich hektisch mit dem Hintern auf der Sitzfläche ihres Drehstuhls umher, in der unstrittigen Gewissheit, den WC-Besuch keinesfalls länger aufschieben zu dürfen. Dieses war auch nicht beabsichtigt – nun, zehn Minuten vor der angeordneten Zeit, wäre Linas perfekter Moment gewesen, noch schnell zur Toilette zu flitzen, um sich dann mit entspannter Blase der Kritik ihrer Vorgesetzten zu stellen. Es weiterhin aufzuschieben hätte ohnehin nicht funktioniert; die hübsche Verwaltungsangestellte musste bereits dermaßen nötig pinkeln, dass sie kaum noch an etwas anderes denken und es beinahe nicht mehr einhalten konnte.

 

›Hallo Frau Schmidt, wir verlegen den Termin ein wenig vor und starten schon jetzt. Kommen Sie bitte direkt in mein Büro. Vielen Dank‹, lautete der Inhalt der E-Mail, der Lina vollkommen aus dem Konzept brachte. Die Innenflächen ihrer Hände wurden noch feuchter als vorher, zudem glaubte sie, zu spüren, wie ihr selbst im Sitzen die Knie wegzusacken drohten. Zu allem Überfluss nahm ihr Blasendruck in dieser Schrecksekunde erheblich zu, so dass sie vor aufkommender Panik um ein Haar einen ersten warmen Schwall ins Höschen entließ.

Die unbedingte Aufforderung, unmittelbar zum Gespräch zu kommen, war unwiderruflich verkündet; trotzdem noch rasch das Klo aufzusuchen, kam für Lina nicht in Frage. Zum einen verbot ihr die Gehemmtheit solche unabgesprochenen Alleingänge und zum anderen stand ihr diese Form von hemdsärmeliger Autonomie aus ihrer Sicht nicht zu, da sie auch nach vielen Monaten noch immer die Neue in dem ihr zugewiesenen Sachgebiet war. Wie sie sich auch entscheiden mochte: Es waren gestohlene Minuten, die ihr nun das Leben schwermachten und die sie zur Erleichterung ihrer randvollen Blase so furchtbar dringend gebraucht hätte.

 

Sie kniff die Beine fester zusammen, fühlte die Panik näherkommen und die Verzweiflung der Ausweglosigkeit in sich aufsteigen. Geradezu flächendeckend breitete sie sich aus; das Nötigmüssen steuerte auf seinen Höchststand zu, während Lina ein stummes Gebet gen Himmel sandte, dass es ihr bitte gelingen möge, das Gespräch ohne die peinlich nasse Blamage durchzustehen, die sie ernsthaft befürchtete.

Der heftig pochende Unterbauch bestätigte ihr unmissverständlich, was unheilvoll im Raum stand, als die schüchterne Sachbearbeiterin sich entgegen allen Bedenken auf den Weg zum Büro ihrer Chefin machte. Beim Durcheilen der Gänge hoffte sie inständig, niemandem zu begegnen, der die Hand, die sie in ihren Schritt gedrückt hielt, hätte bemerken können. Beherzt klopfte sie an.

 

»Herein«, hörte sie es von innen rufen. Im selben Augenblick rauschte eine gigantische Woge der Dringlichkeit durch Linas Unterleib, die ihr keine andere Wahl ließ, als sich vor der Bürotür ihrer Vorgesetzten instinktiv zusammenzukrümmen und die Schenkel über den dazwischenliegenden Fingern eng zu überkreuzen. Schneller atmend versuchte sie, den immensen Druck wieder unter Kontrolle zu bringen. Ihr blieb kaum Zeit, sich zu beruhigen – die aus der Pause entstehende Verzögerung vor dem Eintreten könnte seltsam erscheinen, was Lina unbedingt verhindern wollte.

Ein letztes Mal durchatmen, dann raffte sie all ihre Entschlossenheit zusammen und betrat den hellen, von hohen Aktenregalen gesäumten Raum.

 

Das aufrechte Gehen fiel ihr schwer – gern wäre sie in blasenfreundlich gekrümmter Haltung zu dem hellholzigen Stuhl, der vor dem ausladenden Schreibtisch platziert war, geschlichen, um sich so schnell wie möglich darauf niederzulassen.

Sie schwitzte, spürte die Feuchtigkeit in den Achseln unter der bunt geblümten Bluse in unangenehmer Weise. Die schwitzigen Hände wischte sie sich diskret an den Außenseiten ihrer Jeans ab, indessen sie der einladenden Handbewegung ihrer Vorgesetzten folgte und vorsichtig auf dem hölzernen Stuhl Platz nahm.

Selbst bei dieser kleinen und äußerst behutsamen vollführten Veränderung ihrer Körperhaltung fühlte Lina einen erneuten, heftigen Aufruhr in ihrer prall gefüllten Blase. Stärker als bisher drängte ihr angestauter Urin nach außen, doch es gelang ihr unter Zuhilfenahme sämtlicher Muskeln des Unterleibs, den Aufstand wieder zu besänftigen. Dass sie hierbei tief einatmete und vor lauter Konzentration darauf, nicht auf der Stelle unkontrolliert loszupinkeln, den Atem anhielt, bemerkte die Chefin gottlob nicht. Diese schaute auf den Zettel mit ihren Notizen hinunter, las versunken darin und blickte ein paar Sekunden später von dem Blatt in ihren Händen auf.

 

»So, Frau Schmidt …«, setzte sie zu sprechen an, während Lina so dringend wie nie zuvor pinkeln musste und das beängstigende Gefühl, schon bald für nichts mehr garantieren zu können, Besitz von ihr ergriff. Es krallte sich mit grässlich harten Klauen an ihr fest und behielt sie in unbarmherziger Umklammerung. Gleich wird deine Jeans nass, ganz sicher … Du pinkelst dir vor deiner Chefin in die Hose, nur weil du wieder einmal zu feige warst, flüsterte es ihr mit fieser Tonlage ins Ohr.

Das Schlimmste war, dass die boshafte Stimme recht hatte – tatsächlich hatte Lina, wie so oft, nicht den Mut gehabt, für sich einzustehen, und jetzt war der Druck der hinausdrängenden Urinflut dermaßen gewaltig, dass die junge Frau diesem kaum noch etwas entgegenzusetzen hatte.

 

Wie von selbst war ihr Po in Bewegung, auch wenn Lina sich noch so sehr abmühte, den Unterkörper zu besänftigen. Permanent versuchte sie, das reflexartige Wibbeln des Hinterns zu unterdrücken, und war gleichzeitig aus Leibeskräften bemüht, den wahnsinnigsten Pinkeldrang ihres Lebens im Zaum zu halten. Vor allem den Gegendruck mit den Fingern, die sie sich liebend gern zwischen die Beine gepresst hätte, untersagte sie sich, auch wenn ihr dieses selbsterlassene Verbot besonders schwerfiel. Es würde mir bestimmt total guttun, mich wenigstens einmal kurz zuhalten zu können, dachte sie verzweifelt, als im selben Augenblick die weiteren Worte ihrer Vorgesetzten zu ihr durchdrangen:

»Die Ergebnisse ihrer Tätigkeit bei uns sind wunderbar, doch Sie sollten mehr aus sich herauskommen, Frau Schmidt. Wir erleben Sie als sehr zurückhaltend, trauen Sie sich ruhig mal etwas.«

 

Wie recht ihre Sachgebietsleiterin hatte und wenn Lina das Gehörte doch nur umsetzen könnte … Wie etwa in dieser Sekunde aufzuspringen, und so schnell sie könnte, zur Toilette zu rennen. Denn nichts wünschte sie sich in jenem Moment sehnlicher, als sich auf eine WC-Brille setzen und der tosenden Menge an goldgelber Flüssigkeit endlich ihren Lauf lassen zu dürfen.

Beinahe hörte sie es im Geiste schon plätschern, da verselbstständigte sich das, was sie so verbissen versucht hatte, in sich zu behalten, wirklich …

So sehr sich die junge Frau auch abmühte, das denkbar Schamvollste zu verhindern, es gelang ihr nicht. Fern jeder Kontrolle ihrerseits hatten sich die Schleusen geöffnet und der heiße Pipistrahl rauschte ungehemmt in ihren Slip hinein. Sofort schossen Lina die Tränen in die Augen und mit beschämt geröteten Wangen probierte sie weiterhin, der unbeherrschbaren Sintflut in ihrem Unterleib Einhalt zu gebieten, doch vergebens … Sie weinte, pinkelte sich voller Schande in die Hose und konnte nicht glauben, dass ihr dies tatsächlich passierte.

 

Verzweifelt und vollkommen aufgelöst saß sie da, musste geschehen lassen, dass sie sich vor den Augen ihrer Vorgesetzten nassmachte und empfand in diesem hochblamablen Augenblick zeitgleich eine Spur von Erleichterung. Nicht länger gegen den übermenschlichen Druck ankämpfen zu müssen, brachte für den kurzen Moment ein Gefühl von Leichtigkeit mit sich, das sie bis dahin nicht gekannt hatte. Dennoch blieb die Schmach und Würdelosigkeit erhalten, der die junge Angestellte sich in diesen Minuten ausgesetzt sah.

Mittlerweile war auch die Jeans bis über den Hintern hinaus durchtränkt. Hellgelbe Rinnsale liefen von der Sitzfläche des Stuhls auf den Linoleumboden hinunter – das Plätschern, das Lina eben noch in ihren Gedanken wahrgenommen hatte, war nun in der schreckerfüllten Realität zu hören. Es gelangte neben dem visuellen Eindruck ihres pitschnassen Schritts auch zu der Chefin, die anfangs wie erstarrt dasaß, dann aber bald zu lächeln begann. Sie schaute zu dem unerwartet nassen Schauspiel vor ihrem Schreibtisch und sagte freundlich grinsend:

»Nicht weinen, Frau Schmidt, ist doch halb so schlimm. Ich gebe Ihnen für den Rest des Tages frei, damit Sie sich etwas Trockenes anziehen und meine Worte in Bezug auf das Herauskommen aus sich selbst in Ruhe zu Herzen nehmen können.«

 

Sie wagte nicht aufzuschauen, so nickte Lina zunächst mit gesenktem Kopf, blickte dann aber doch mit tränenfeuchten Augen in das Gesicht ihrer Vorgesetzten.

»Oh Gott, sorry für alles. Es stimmt, was sie über meine Zurückhaltung gesagt haben, ich hab mich einfach nicht getraut, zu fragen. Ich werde daran arbeiten, das verspreche ich Ihnen.«

In ihrem klitschnassen Höschen war der Urinstrom versiegt und die 20-Jährige spürte die leichten und befreienden Emotionen zurückkehren, die sie eben nur ansatzweise gestreift hatten. Dieses wunderbare Empfinden war zu einem beträchtlichen Teil der milden Reaktion ihrer Chefin zu verdanken, deren Hand sie nun schüttelte, als sie sich für das Desaster entschuldigte.

»Das, was ich hier angerichtet habe, tut mir leid, und ich mache das natürlich sauber«, beteuerte Lina kleinlaut, woraufhin die liebenswerte Sachgebietsleiterin erneut schmunzelte und Linas Angebot nickend annahm, bevor sie die junge Angestellte endgültig verabschiedete.