Hochzeit mit Hindernis – Nasse Panne vor der Familie (Kurzgeschichte)

Hochzeit mit Hindernis
Nasse Panne vor der Familie

Von Magenta König

Kurzgeschichte, erschienen am 28.03.2024

VG Wort

Junge Frau mit Pudelmütze im Kleingarten

 

Aufgeregt lief ich neben Jakob her. Sein Wagen parkte auf einem öffentlichen Parkplatz nur wenige Schritte vom Rathaus entfernt, so dass wir ihn schnell erreichten und einstiegen.

Zu meinem Leidwesen fuhren wir allerdings nicht sofort los, sondern warteten, bis alle anderen ebenfalls ihr Auto aufgeschlossen und sich in eine lange Schlange eingereiht hatten, die nun gemeinsam laut hupend die Innenstadt verließ. Meine Aufregung hatte diverse Gründe: Zum Einen durfte ich Gast auf einer Hochzeit sein, was ohnehin meine romantische Seele ansprach und mich in positive Spannung versetzte. Zum Zweiten fand ich es wahnsinnig schön, von der Schwester meines Freundes eingeladen worden zu sein, da wir erst seit einigen Wochen zusammen waren und ich bisher quasi niemanden aus der Familie kannte. Nun hatte er mich offiziell als seine Partnerin vorgestellt, was mein verliebtes Herz vor Glück überlaufen ließ.

 

Es war toll, im Standesamt auf lauter fröhliche Menschen zu treffen, die sich über diesen besonderen Anlass freuten. Ich wurde sehr freundlich begrüßt und hatte unmittelbar das Gefühl, willkommen zu sein. Jakobs Verwandtschaft war groß und unübersichtlich, doch darüber machte ich mir keine Sorgen; mein wundervoller Freund hatte mich an die Hand genommen, mich jedem Onkel und jeder Cousine stolz vorgestellt.

 

Gemeinsam standen wir alle Spalier und pusteten Seifenblasen auf die frischgebackenen Eheleute, die im Anschluss daran die Sektkorken knallen ließen und großzügig Getränke für die Gäste ausschenkten, dem kalten Wind und eisigen Temperaturen zum Trotz. Eine Hochzeit im Winter fand ich zwar ungewöhnlich, doch sicher gab es einen Anlass hierfür und immerhin hatte Jakob mir rechtzeitig Bescheid gesagt, dass ich auf Grund der Jahreszeit auf Pumps und Rock verzichten möge. Selbst die Braut trug statt des obligatorischen Kleides eine schicke weiße Kombination mit einer kuschelig wirkenden Strickjacke, die silberfarben abgesetzt war und von einer eisblauen Brosche geziert wurde.

Insgeheim fragte ich mich, wie es wäre, vor den Traualtar zu treten und das Ja-Wort zu geben. Ich hoffte stark darauf, in Jakob meinen Traumprinzen gefunden zu haben, doch bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir es sein würden, die den Sekt ausschenkten, war wohl noch ein langer Weg. Jenes Getränk war der einzig unliebsame Grund meiner Unruhe: Ich hatte zwei Gläser zu mir genommen und auch der Morgenkaffee forderte seinen Tribut – ich musste inzwischen wirklich zur Toilette. Nervös rieb ich die Schenkel aneinander, während Jakob seinen mit weißen Fähnchen geschmückten Wagen in die Reihe der anderen Fahrzeuge einordnete.

 

Normalerweise konnte ich recht lange einhalten, weshalb ich mir um so etwas niemals Gedanken machte – heute jedoch spürte ich meine Blase ziemlich deutlich. Kein Grund zur Panik, redete ich mir im Stillen gut zu, sicherlich sind wir bald da und dann gibt es bestimmt die Chance, kurz zu verschwinden.

Ich lächelte vor mich hin und freute mich auf die Feier. Jakob hatte mir verraten, dass das Fest in einer Art Vereinsheim stattfinden soll. Seine Schwester und ihr Mann waren begeisterte Kleingartenbesitzer und jede Party fand offenbar in der Schrebergartenanlage statt. Laute Musik war hier genauso wenig ein Problem wie die vielen kleinen Kinder und Hunde, die zur Familie gehörten. Für meinen Geschmack eine etwas ungewöhnliche Wahl, zumal in der kalten Jahreszeit, doch jeder sollte es so halten, wie es ihm gefiel. Mir selbst schwebte eine gediegenere Feier mit langen Kleidern und Smoking vor, doch die Veranstaltung versprach immerhin, lustig zu werden. Zumindest nahm ich es zu diesem Zeitpunkt noch an …

 

Die Fahrt zog sich länger hin, als ich gehofft hatte. Offenkundig lag das angepeilte Ziel recht weit außerhalb.

Als wir endlich im Schritttempo über den schlaglochreichen Sandweg rumpelten, musste ich mich konzentrieren, um meinen Schließmuskel fest geschlossen zu halten. Die Stöße des Wagens spürte ich unmittelbar in meinem Unterleib, der inzwischen deutlich signalisierte, dass die Füllgrenze erreicht war. Meine Blase verlangte nach Erleichterung, nicht nach dieser Tortur. Ich seufzte leise, woraufhin Jakob mich lächelnd anschaute.

»Wir sind gleich da«, tröstete er mich, wohl davon ausgehend, dass mich der Weg störte. Von meiner peinlichen Lage wollte ich ihm sicher nicht berichten, das wäre höchst unpassend, wie ich fand. Also biss ich die Zähne zusammen und wartete innig auf den Moment, in dem ich endlich aussteigen und die Toilette aufsuchen könnte. Und da – schließlich tauchte ein großes Holzhaus auf, dessen Eingang mit einer bunten Girlande geschmückt war und vor dem die ersten Wagen einparkten. Ich kniff die Beine zusammen und löste den Gurt.

 

Kaum, dass wir angehalten hatten, stieg ich eilig aus und blickte mich um. Was für ein trostloser Anblick, stellte ich fest, als ich die freie Fläche um uns herum betrachtete – die verlassenen Grundstücke mit den ausgeblichenen Rasenflächen, kaum ein Busch in Sicht. Ich sprach diesen Gedanken aber selbstverständlich nicht aus. Was konnte man von Kleingärten mitten im Winter erwarten? In meiner derzeitigen Not wäre mir jedoch auch der Landsitz eines Adligen vollkommen gleichgültig gewesen – zu groß war der Wunsch, endlich pinkeln zu dürfen. Herrje, was so ein paar Gläser Sekt doch anrichten konnten.

Als eine Welle des Müssens durch mich hindurchlief, spürte ich, wie sich die Härchen an meinen Armen aufstellten. Gerade noch konnte ich verhindern, in die Knie zu gehen. So würdevoll wie noch möglich griff ich nach der Hand meines Freundes.

Zu meiner großen Erleichterung strebten alle Ankömmlinge direkt ins Innere, so dass Jakob und ich nur folgen mussten. Hier fand ich es dann auch in Ordnung, ihm kurz zuzuflüstern, dass ich schnell das Klo aufsuchen würde, als in einer Ecke der weiß und silbern geschmückten Location das Hinweisschild für die Waschräume auftauchte.

 

Zielstrebig lief ich in Richtung Toiletten, wich dabei den Gästen aus, die die Namensschilder auf der gedeckten Tafel studierten und herauszufinden versuchten, wo sie gleich sitzen würden.

Ein bisschen in die Jahre gekommen wirkte alles, doch hatte man sich redlich Mühe gegeben, den Raum festlich herauszuputzen, und erstaunlich warm war es ebenfalls. Einer gelungenen Party stand also nichts im Wege, dachte ich noch, als ich nach der Klinke der Damentoilette griff und die Tür mit einem Ruck aufzog – und wie angewurzelt stehen blieb. Offensichtlich gab es doch ein Hindernis: Der Waschraum war eine Bruchbude. Eine klatschnasse Bruchbude. Wasserpfützen standen auf den alten, gesprungenen Fliesen, der winzige Spiegel über dem schmutzigen Waschbecken war beschlagen. Die Temperatur lag deutlich unterhalb der des beheizten Nebenraums, wenn auch nicht bei den eisigen Außenwerten.

Zu meiner Verzweiflung sorgte der Anblick der grünen Kloschüssel für eine weitere heiße Woge in meinem malträtierten Unterleib, der mir zeigte, dass es nun endgültig Zeit wurde. Mein Körper duldete diese Qual nicht mehr lange.

 

Vorsichtig trat ich in den Raum hinein, bemüht, nicht in eine der Pfützen zu treten.

Ekel überkam mich, als ich realisierte, dass die Toilette vermutlich ebenso ungeputzt war wie das Waschbecken. Ich sah nasse Rinnsale an den Wänden hinablaufen, auf dem Toilettensitz perlte Kondenswasser, das Papier in der Halterung an der Wand wirkte völlig durchfeuchtet. Alles in mir wehrte sich gegen den Gedanken, hier mehr, als nur die Türklinke zu berühren. Schon von jeher war ich eine Sauberkeitsfanatikerin und gerade öffentliche Toiletten beäugte ich meist kritisch, doch bei einer Hochzeitsfeier war ich ganz selbstverständlich von sauberen Sanitärräumen ausgegangen, nicht von einer solchen Panne. Ich konnte mich nicht erinnern, so furchtbare Zustände überhaupt irgendwo gesehen zu haben.

Ich schluckte. Verbissen hielt ich meinen Schließmuskel im Zaum, während ich meine Optionen abwog. Es stach in meinem Unterleib, meine Blase fühlte sich wie ein praller, heißer Ball an, der jeden Moment platzen könnte. Dabei war die Erlösung so nah gewesen. So etwas Abscheuliches hatte ich noch nie erlebt. Ich konzentrierte mich, krümmte mich zusammen, in dem Wunsch, mir zumindest kurzzeitig Erleichterung zu verschaffen. Während ich verzweifelt versuchte, den Ekel zu überwinden und mich wenigstens dem Klo zu nähern, um mich halb stehend über die Schüssel bücken zu können, kam die nächste Woge. Ich hätte weinen mögen vor Verzweiflung.

 

Beim Betrachten der Wasserlachen in dem Raum wurde mir in diesem Moment auch bewusst, dass es keine Chance gab, meine schicke, weit geschnittene Hose auch nur halb herunter zu streifen, ohne die Hosenbeine in die dreckige Nässe zu legen. Ein weiterer Blick auf das durchweichte Klopapier genügte, um mir einzugestehen, dass ich auf keinen Fall jene Toilette würde nutzen können. Schon das Stehen in der Nähe der schmutzigen Keramik widerte mich an.

In meiner Notlage war es mir nicht mehr möglich, vernünftig zu denken, ich wollte nur noch heraus aus dieser klammen Luft und weg vom nassen Boden. Hilflos riss ich die Tür auf und eilte, nun eine Hand fest zwischen meine Schenkel gepresst, zurück in den kleinen Vorflur, der den Hauptraum von den beiden Waschräumen trennte. Für eine Sekunde erwog ich, die zweite Tür zu nehmen, doch machte ich mir keine Hoffnung, dort eine gepflegtere Toilette vorzufinden. Panisch blickte ich mich um. In dem Zustand konnte ich nicht zu den Gästen. Ich brauchte eine Lösung, schnellstmöglich. Das Stechen in meiner Blase nahm zu, mein Schließmuskel würde bald den Dienst versagen.

 

Eine weitere Tür mit einem Glaseinsatz schien eine Art Hinterausgang zu sein, der die letzte Rettung in den Garten darstellte. Draußen sah ich einige Kinder herumlaufen, die nach dem Stillsitzen im Standesamt das Bedürfnis hatten, sich auszutoben.

Großartig – sicher würde es irgendeinen Sichtschutz geben, hinter den ich mich hocken könnte, ohne irgendjemandem aus der mir fremden Familie aus Versehen meinen nackten Po zu präsentieren, so hoffte ich im Stillen. Ich keuchte vor Schmerz; Tränen der Wut und Verzweiflung standen mir in den Augen. In der Sekunde, als ich die Klinke drückte, realisierte ich, dass die Tür verschlossen war. Ich riss dennoch daran, wollte glauben, dass sie nur klemmte. Erste Spritzer lösten sich, warm und feucht verteilte sich der Urin in meinem knappen Slip. Ein scheußliches Gefühl.

 

Hinter mir klappte eine Tür, doch bevor ich mich umdrehen konnte, gab mein gequälter Schließmuskel endgültig auf. Oh nein! Gegen meinen Willen strömte es nun heiß und haltlos in die Hose und die Beine hinab. Noch immer versuchte ich, mich dagegenzustemmen und es wieder einhalten zu können, um den Schaden zu begrenzen, jedoch hatte ich keine Chance. Ich spürte, wie die Nässe sich an meinem Po hinauf fraß, sich auf meinen Schenkeln verteilte und in die Socken sog.

Ich stand in triefnassen Stiefeln in einem deutlichen P**sfleck, die schwarze Hose klebte an mir. Entsetzt starrte ich an mir hinab. Noch nie in meinem Leben war mir etwas so unsägliches passiert, niemals hatte ich mich dermaßen geschämt wie jetzt. Wäre ich doch nur auf das widerliche Klo gegangen, dachte ich niedergeschlagen, während ich spürte, wie nun weitere Nässe hervorquoll – dieses Mal waren es Tränen, gegen die ich ebenso machtlos war wie zuvor gegen den Pinkeldrang.

 

Nach all der Anspannung und dem Ekel brachen die Gefühle aus mir heraus. Ich begann zu schluchzen.

»Ach du liebes bisschen«, hörte ich eine weibliche Stimme unmittelbar neben mir. Ich wünschte mich weit weg, wollte gar nicht wissen, wer dort Zeuge meiner Blamage wurde. Keinen der netten Menschen, die ich gerade erst kennengelernt hatte, würde ich in diesem Leben wiedersehen wollen. Und mit Jakob war es garantiert auch aus, jetzt, wo ich die Peinlichkeit in Person war.

»Nun wein’ doch nicht, wir trocknen dich jetzt ein bisschen ab und dann gucken wir, ob wir dir was anderes zum Anziehen organisieren können.« Eine helle Stimme mit geschäftsmäßigem Ton. Ich spürte die Hitze in meinen sicherlich knallroten Wangen.

Aus dem Augenwinkel sah ich Jakobs jüngere Schwester, die überrumpelt wirkte, jedoch zielstrebig in die Toilette eilen wollte, vermutlich, um nach Papier zu schauen.

»Pfui Deibel«, brach es aus ihr heraus, als sie den Zustand des Waschraumes sah. »Was ist denn hier passiert?«

Sie kam erneut zu mir, streichelte etwas hilflos meinen Arm. Mühsam kämpfte ich darum, die Fassung wiederzuerlangen.

»Also auf das Klo gehe ich auch nicht«, versicherte sie mir, während sie sich umsah. Als Nächstes fischte sie in ihrer Handtasche nach Papiertüchern und reichte mir ein Päckchen.

»Jetzt wisch dir mal die Tränen ab und putz dir die Nase. Ich … also, keine Ahnung. Ich hol mal meine Mutter, wir brauchen eine Lösung für dieses ranzige Klo. Und dann schaue ich, wo wir den Schlüssel für die Tür hier herbekommen. Ich wohne in der Nähe, bestimmt habe ich irgendeinen Rock, den ich dir leihen kann und andere Schuhe sicher auch.« Erneut tätschelte sie meinen Arm, bevor sie sich resolut umdrehte und verschwand.

 

Die klebrige Feuchtigkeit an meinen Beinen kühlte schnell unangenehm aus, doch der quälende Druck und das Stechen waren verschwunden. Langsam konnte ich wieder etwas klarer denken. Noch immer war dies der schlimmste Augenblick in meinem bisherigen Leben, doch es war ein gutes Gefühl zu wissen, dass jemand anderes dabei war, eine Lösung zu finden.

Ich schämte mich entsetzlich, aber vielleicht war es nicht das Ende aller Tage … und plötzlich tauchte die Hoffnung auf, dass auch Jakob so taff war wie seine Schwester und die Blamage pragmatisch betrachten konnte. Ich atmete tief durch, während ich nach einem Papiertaschentuch fummelte. Jetzt konnte ich nur noch abwarten …

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