Nach der Party – Eine neue, nasse Erfahrung (Kurzgeschichte)

Nach der Party
Eine neue, nasse Erfahrung

Von Magenta König

Kurzgeschichte, erschienen am 23.10.2001

VG Wort

Paar Arm in Arm

 

Es ist Samstagabend, ich befinde mich auf der Geburtstagsparty eines guten Freundes. Bereits den gesamten Abend fühle ich mich heimlich beobachtet. Inzwischen stehe ich ein wenig abseits, mit einem Glas Weißwein in der Hand, und schaue mich unauffällig um. Er sieht gar nicht schlecht aus. Interessant könnte ich es nennen. Er ist ein ganzes Stück größer als ich, das markante Gesicht zieren leuchtend blauen Augen. Unsere Blicke treffen sich, verhaken sich – nicht zum ersten Mal. Doch wieder einmal wende ich mich ab, halte dem Kontakt nicht stand. Langsam gebe ich auf. Es ist ein Spiel, das ich nicht gewinne, nicht heute Abend, nicht mit diesem speziellen Typ.

Letztendlich sehe ich auf die Uhr und beschließe, zu gehen. Nach diversen Verabschiedungen, von den üblichen Wangenküsschen und Versprechen, in Kürze miteinander zu telefonieren, begleitet, schnappe ich mir meine Tasche und meine Jacke und verlasse die Wohnung.

 

Die drei Treppen laufe ich zügig hinunter, den Schal schlinge ich noch im Flur ein weiteres Mal um meinen Hals, es ist schließlich Herbst und schon empfindlich kühl. Dann knallt die Haustür hinter mir ins Schloss und vor mir steht er, der gutaussehende Mann von der Party.

Ich bleibe abrupt stehen und schaue ihn an – wie nur war er so viel schneller als ich? Er lächelt und diesmal weiche ich dem intensiven Blick nicht aus, obwohl ich spüre, dass meine Ohren dunkelrot werden.

„Darf ich dich ein Stück begleiten?“ Seine Stimme klingt warm, samtig und angenehm tief. Pure Erotik für mich. Die Situation ist einfach verrückt. Mitzugehen ist streng genommen totaler Wahnsinn, ich sollte mir besser ein Taxi rufen. Er ist ein Fremder für mich und rät man nicht jeder Frau von genau diesem Handeln ab? Mitgehen, in der Nacht, dabei kenne ich ihn nicht. Ich habe ihn nie zuvor gesehen. Andererseits hatte ich insgeheim darauf gehofft, vielleicht ein bisschen darüber fantasiert, ein Abenteuer mit exakt so einem Mann zu erleben … Ach, was soll’s, das nenne ich eine Gelegenheit, eventuell die einzige meines Lebens. Und er war immerhin auf der Party meines Freundes. Also nicke ich, lächle ebenfalls und wir setzen uns fast gleichzeitig in Bewegung.

 

Noch bevor wir das Ende der Straße erreicht haben, legt er wie selbstverständlich einen Arm um meine Schultern. Es fühlt sich toll an. Er riecht gut, ich fühle mich herrlich beschützt. In meinem Magen schlagen Schmetterlinge mit ihren winzigen Flügeln. Behutsam schmiege ich mich an ihn.

Wir schweigen beide, genießen die sternenklare Nacht. In meiner Nase kitzelt der Duft seines Rasierwassers. Seine Nähe erregt mich sogar stärker, als ich erwartet hätte. Ab und zu drehe ich den Kopf und sehe ihn an, was er jedes Mal spürt und lächelnd erwidert. Mein Inneres fühlt sich leicht an, doch das liegt nicht am Alkohol. In meinem Blut spüre ich ihn den Wein nicht mehr, dafür macht er sich nun an anderer Stelle bemerkbar – der Druck auf meiner Blase nimmt zu, wie ich unbehaglich feststellen muss.

Oh nein, bitte nicht jetzt, flehe ich insgeheim. Bis zu meiner Wohnung ist es noch eine ganze Weile zu gehen. Zu weit für meinen jetzigen Zustand, überlege ich. Ich bemerke die aufkommende Not immer deutlicher, fühle sie bei jedem Schritt und würde gern langsamer werden. Andererseits lasse ich es mir hoffentlich nicht anmerken, zu peinlich wäre es mir. Ich versuche, den Drang zu ignorieren, konzentriere mich, spanne alle Muskeln an, doch es hilft nichts. Ich kann mich nur noch schwer auf ihn fokussieren, werde unruhiger und unruhiger. Das muss ihm auffallen. Ich halte es nicht aus, weiterhin so dich an ihn geschmiegt zu gehen. Inzwischen möchte ich rennen, so schnell ich kann, nur nach Hause, ins Bad, die rettende Toilette erreichen. Nervös kaue ich auf meiner Unterlippe.

 

Endlich sind wir fast da, ich kann das Mehrfamilienhaus, in dem ich lebe, an der Ecke sehen. Ich presse die Schenkel so unauffällig wie möglich zusammen, glaube aber wirklich nicht mehr, dass mein Problem unerkannt bleibt. Verstohlen und beschämt schaue ich zu ihm. Vielleicht habe ich Glück und er deutet meine Nervosität falsch … Warum muss ausgerechnet mir so etwas passieren? An einem solchen Abend? Warum nur bin ich nicht noch einmal ins Bad gegangen, bevor ich die Party verlassen habe? Warum, warum, warum? Ich könnte heulen.

 

Schließlich stehen wir vor meinem Haus. Und jetzt? Küssen oder ihn mitnehmen? Mir fehlt die Zeit zum Überlegen – und noch immer fühle ich mich magisch von ihm angezogen. Eigentlich hätte dies ein besonderer Moment werden können, doch meine Not ist zu groß. Er sagt nichts, sieht mich nur an. Gehen will er offenbar nicht. Rasch ziehe ich ihn hinter mir her durch die Pforte. Meine rechte Hand sucht hektisch in der Jackentasche nach dem Schlüsselbund.

 

Ich schließe mit zitternden Fingern auf, wir sind im Flur der Wohnung. Er blickt mich vielsagend an, während ich schnell die Jacke ausziehe und den Schal auf die Garderobe werfe.

„Zuerst müsste ich kurz ins Bad!“ Ich bin ein wenig verlegen, doch ich muss etwas sagen. Ich kann ihn hier nicht stehen lassen und mich schlicht wie eine Idiotin aufführen.

„Nein, warte …“ Er steht vor mir, legt einfach seine Arme um mich. Wieder steigt mir sein atemberaubender Duft in die Nase.

„So gefällst du mir viel besser …“

Ich habe das Gefühl, es keine Sekunde mehr halten zu können. Gern würde ich mich von ihm losmachen und zum Klo rennen, obwohl er mich unheimlich anmacht. Ich bin wirklich heiß auf diesen Mann, selbst meine Verzweiflung konnte die Schmetterlinge nicht komplett vertreiben und ich fühle nach wie vor die Erregung, die meine Fantasien und mich den ganzen Abend begleitet hat. Aber was meint er bloß damit, dass ich ihm so viel besser gefalle? Ich bin ein Nervenbündel und muss so dringend pinkeln wie noch nie in meinem Leben.

Er umarmt mich enger, eine Hand auf meinem Rücken, die Zweite auf dem Po. Sein Gesicht ist nah vor meinem, er zwinkert spitzbübisch. Sofort darauf küsst er mich. Unsere Lippen berühren sich sanft, erst vorsichtig, dann fordernder. Ich fühle seine Zunge in meinem Mund, lasse mich fallen, kann und will mich nicht von ihm lösen. Seine Finger streicheln mein Hinterteil, gleiten nach unten, während die andere Hand mich weiter hält und fest an ihn drückt. Durch den Stoff der Jeans spüre ich seine Erektion.

 

Meine Blase ist inzwischen so voll, sie möchte aufgeben, muss aufgeben; ich weiß genau, was gleich geschieht und kann nichts dagegen tun. Ich halte es einfach nicht mehr aus, muss nachgeben, entspannen. Es wird warm und nass zwischen meinen Schenkeln, läuft mir an den Innenseiten der Beine herunter. Die enge schwarze Hose nimmt nicht viel von der Feuchtigkeit auf, der Urin rinnt ungehindert zu Boden. Schnell stehe ich in einer Pfütze. Die Erleichterung ist unglaublich, meine Scham ebenso. Die Situation ist mir extrem peinlich, so etwas ist mir noch nie passiert. Andererseits genieße ich die Entkrampfung und das Loslassen – endlich. Ich bin hin- und hergerissen zwischen meinen Gefühlen. Was geschieht nun?

Er hat es natürlich registriert, doch statt mich loszulassen, schiebt er seine Hand in das Delta meiner Schenkel, will den goldenen Strom fühlen. Zuerst mag ich es nicht zulassen, bin erstaunt, fassungslos, kann nicht glauben, was er dort tut. Er berührt mich durch den nassen Stoff der Hose; ich stöhne leise auf. Seine Finger sind einfach zu erregend, mein Lustzentrum im Moment überempfindlich.

 

Der Druck hat endgültig nachgelassen, die sprudelnde Quelle ist versiegt. Während er zärtlich mein Gesicht küsst, Augen, Wangen und den Hals hinunter, öffnet er meinen Reißverschluss. Danach geht vor mir in die Hocke. Damit überrascht er mich vollkommen. Ich höre ihn atmen, höre, wie er den Geruch einsaugt. Eine Woge der Zuneigung überkommt mich.

Es scheint ihm nichts auszumachen – im Gegenteil. Was macht es nur mit mir? Die Peinlichkeit der Lage wandelt sich, sie wird aufregend, heizt mich an. Dieser Mann ist so anders. Im Stillen frage ich mich, wie es weitergeht … hoffe, dass es weitergeht. An dieser Stelle wird er genauso wenig aufhören wollen wie ich. Noch immer kniet er vor mir, streichelt mich. Meine Hände legen sich automatisch auf seinen Kopf, spielen mit seinem Haar. Er lässt es zu, während er beginnt, den Verschluss meiner Hose zu öffnen. Ich fühle, wie nass sie an meinen Beinen klebt. Dies hindert ihn jedoch nicht daran, sie zielstrebig herunter zu ziehen, bis er sie über meine Schuhe streifen kann. Ich helfe ihm, hebe meine Füße an. Als ich nach unten schaue, sehe ich, dass er in meiner beachtlichen Pfütze kniet. Aus irgendeinem Grund sorgt dieser Gedanke für einen kleinen Kick.

 

Nachdem er mich von der dünnen Hose befreit hat, streicht er zärtlich über meine feuchten Oberschenkel. Sein Atem ist an meinem Bauch, warm, kitzelnd, er küsst und leckt und wandert langsam tiefer. Zielstrebig nähert er sich meiner Mitte. In gespannter Erwartung beiße ich mir auf die Wange. Als seine Zungenspitze dann endlich meine empfindlichste Stelle findet, ist es wie ein Stromschlag – fast zu intensiv. Ich keuche auf.

Meine Knie werden weich, ich lehne mich kraftlos an die Wand hinter mir. Er macht dennoch weiter, liebkost mich hingebungsvoll. Seine Lippen und Zunge spielen mit mir. Ich atme schnell, mir wird heiß, eine unerträgliche Spannung baut sich auf. Mein Körper ist von Hormonen überflutet. Ich bitte ihn leise, nicht aufzuhören, flehe ihn fast an …

Ich stöhne atemlos, mein gesamter Unterleib zittert – ohne mich abzustützen, könnte ich mich nicht mehr auf den Beinen halten; zum Glück ist da die Wand, die mich stützt, und seine Hände, die mich in einem festen Griff haben.

 

Geübt und mit einer Heftigkeit, die mir fremd ist, verwöhnt er mich. Auch er atmet nun laut, sagt jedoch kein Wort. Ich spüre seine Konzentration und habe den Eindruck, dass er über alle Maßen genießt, was er dort mit mir tut. Er leckt meine Nässe, die vor Lust förmlich aus mir herausquillt, vermischt mit dem salzigen Geschmack meines Urins. Immer wieder streift er meinen sensibelsten Punkt. Gerade, als mein träges Hirn denkt, dass ich diese Behandlung nicht mehr lange durchhalten werde, überflutet mich eine Woge der Erleichterung. Ich habe den Punkt überschritten, an dem es noch ein Zurück hätte geben können. Der Orgasmus trägt mich fort, meine Muskeln verkrampfen, meine Nervenenden glühen … Mit einem letzten Rest von Verstand nehme ich meine Hände aus seinen Haaren, da ich ihm nicht wehtun will.

 

Erst nach einer kurzen Weile bin ich wieder auf dieser Welt. So überwältigend war noch kein Höhepunkt zuvor. Ich bin gekommen wie nie in meinen Leben und fühle mich für ein paar Sekunden absolut leer und schwerelos. Es ist verrückt. Der ganze Abend ist verrückt. Und grandios.

Als ich lächelnd zu diesem Fremden hinunter sehe, stelle ich fest, dass er noch immer in der goldgelben Pfütze zu meinen Füßen kniet, sein Gesicht sanft an meinen Bauch gelehnt.