Von der Windel verwöhnt – Sorge um ein nasses Bettlaken (Kurzgeschichte)

Von der Windel verwöhnt
Sorge um ein nasses Bettlaken

Siebte Geschichte aus dem Buch »Windellust«

Von Rebecca Valentin

Kurzgeschichte, erschienen am 16.05.2024

VG Wort

Glückliches, junges Paar im Bett.

 

Gibt es etwas Schöneres, als frisch verliebt neben seiner neuen Freundin aufzuwachen – noch schlaftrunken, eng aneinandergekuschelt, die Nase tief in ihren weichen, duftenden Haaren vergraben? Genauso war es mir nach meiner ersten gemeinsamen Liebesnacht mit Hannah ergangen – von purer Freude durchzogen und bereit, die ganze Welt zu umarmen.

Ein Wahnsinnsglücksgefühl, das genau so lange angehalten hatte, bis ich in der Lage gewesen war, den ersten klaren Gedanken zu fassen: Urplötzlich hatte sich Panik in mir breitgemacht, eine bitterböse Vorahnung, von der ich befürchtete, dass sie sich als wahr würde herausstellen können. Hatte ich womöglich in ihr Bett gepinkelt, tief in der Nacht und während des Schlafens von mir unbemerkt? Lieber Gott nein, hatte ich daraufhin verzweifelt gefleht, lass es um Himmels willen trocken geblieben sein! Von diesem stummen Stoßgebet begleitet, war meine rechte Hand eilig unter die Bettdecke geschlüpft und hatte angstvoll nach dem Baumwolllaken unterhalb meines Hinterns getastet. Nichts als Wärme war zu spüren gewesen, wunderbare, staubtrockene Wärme.

 

Die kolossale Erleichterung, die mich hierbei durchströmt hatte, war auch jetzt, Stunden später, noch immer wahrnehmbar. Was für ein verdammtes Glück, wusste ich die Situation richtig einzuordnen, dass es mir nicht versehentlich passiert war. Dass der Schließmuskel meiner Blase mitsamt den Signalen zum Gehirn trotz des gewindelten Schlafens in den vielen zurückliegenden Nächten noch zuverlässig funktionierte. Doch wie sah die Zukunft aus, würde es auch weiterhin gut ausgehen?

Eine solche Frage hatte sich mir in der letzten Zeit nie gestellt, überlegte ich, während ich mir in der Küche eine Tasse Kaffee zubereitete, denn innerhalb meines Singledaseins war das nächtlich-erotische Tragen einer Windel zur Selbstverständlichkeit geworden. Wie leicht hätte sich da eine Art Gewohnheitseffekt einstellen können? Zu oft hatte ich es im Halbschlaf arglos laufen lassen und mich sogar einige Male am Morgen nicht mal mehr daran erinnert. Verwöhnt von jenem Schutz wäre es also ganz und gar nicht verwunderlich gewesen, wenn mein Körper nicht verlässlich reagiert hätte.

Du liebe Güte, ein nasses Laken nach unserer allerersten Übernachtung, durchfuhr es mich nachträglich noch einmal heiß und kalt, nicht auszumalen! Was hätte Hannah denken sollen? Vollkommen zu Recht wäre sie wohl von einer Inkontinenz meinerseits ausgegangen.

 

Am Abend zuvor war mein vertrauter Windelgenuss von der Vorfreude auf das sinnlich-prickelnde Beisammensein mit meiner Freundin abgelöst worden. Schon bei der Lieferung des bestellten Essens, als sie lächelnd die Dochte der Kerzen entzündet hatte, war jeglicher Gedanke an den nächtlichen Windelspaß passé gewesen. Die stimmungsvolle Atmosphäre, in der leise Hintergrundmusik spielte und in der wir uns tief in die Augen sahen, hatte ihr Übriges dazu betragen. Grenzenlose Lust, intensive Gefühle und die gespannte Erwartung auf den Körper und die Leidenschaft des jeweils anderen hatten eindeutig den Höhepunkt des Abends gebildet. Denn so sehr mich das Tragen und Benutzen einer Windel auch anturnte, den sexuellen Austausch mit einer verführerischen Frau würde ich ihr immer vorziehen.

Die Kaffeetasse in der Hand haltend, richtete ich den Blick durch das Fenster hindurch in die Ferne. Entsprach der letzte Gedankengang tatsächlich der Wahrheit, fragte ich mich grübelnd. Zurzeit schon, antwortete ich mir selbst, noch ist die Liebe frisch und alles ist aufregend neu. Doch wie sollte es weitergehen? Meine geliebte Windelleidenschaft nur noch heimlich auszuüben oder im schlimmsten Fall komplett auf sie verzichten zu müssen, würde ich unendlich bedauern, so viel stand fest. Bei der Vorstellung der zweiten Option breitete sich ein schmerzliches Unwohlsein in mir aus. Nein, protestierten Herz und Seele, das käme nicht in Frage, dazu liebst du diese knisternd-geile Vorliebe zu sehr.

Auch die nahe Zukunft bereitete mir Kopfzerbrechen: Müsste mich die Sorge um ein nasses Bettlaken von nun an bei jeder Übernachtung mit Hannah begleiten? Denn wie sicher konnte ich mir in Bezug auf den ausgebliebenen Gewöhnungseffekt meiner Blase sein?

 

Es ihr zu gestehen, traute ich mich zu Beginn nicht, doch je angestrengter ich in den vergangenen zwei Wochen nachgedacht hatte, desto klarer war das Ergebnis geworden: Ich würde Hannah von meinem Faible erzählen. Keine weiteren Ausreden, kein Aufschieben und anhaltendes Entbehren lustvoller Übernachtungen. Ich liebte sie zu innig, als dass ich Gefahr laufen wollte, sie durch ein nächtlich-feuchtes Malheur zu verlieren. Lange, so wusste ich, hätte ich den mir selbst auferlegten Verzicht ohnehin nicht mehr ausgehalten. Zudem vertraute ich ihr und hielt sie trotz ihres jungen Alters für reif genug, um souverän mit dem Fetischthema umgehen zu können.

Da ich mich in dieser Hinsicht noch keinem Menschen zuvor offenbart hatte, löste allein die Vorstellung daran ein schrecklich nervöses Kribbeln in mir aus. Doch hey, Bangemachen gilt nicht, beschwor ich mich tapfer, denn obgleich Hannah bei weitem nicht meine erste Freundin war, spürte ich tief in mir, dass unsere Beziehung etwas ganz Besonderes darstellte. Nur selten hatte ich derart übereinstimmend mit einer Frau auf einer Wellenlänge gefunkt wie mit ihr – wir fühlten dasselbe, teilten einen gemeinsamen Humor und wussten stets voneinander, was der andere dachte. Worte waren nicht nötig – oftmals brauchten wir uns nur anzuschauen, um die Gedanken und Empfindungen unseres Gegenübers zu erkennen.

Mein Plan bestand darin, das Gespräch mit ihr zu suchen, mich behutsam vorzutasten und kleine Andeutungen einzustreuen. Sollte sie darauf interessiert und verständnisvoll reagieren, dürfte ich mich ihr restlos öffnen. Falls nicht, hätte ich noch einen zusätzlichen Einfall in petto, für den ich jedoch einiges an Mut würde aufbringen müssen, ihn in die Tat umzusetzen.

 

Ein paar Tage später war es so weit: Hannah stand vor meiner Tür. Und obwohl es nicht ihr erster Besuch bei mir war, klopfte mir das Herz bis zum Hals.

»Hallo Björn, mein Großer«, begrüßte sie mich herzlich, woraufhin ich sie in die Arme zog und spürbar nervös küsste.

»Ist was? Was hast du?«, erkundigte meine Freundin sich, nachdem unsere Lippen sich voneinander gelöst hatten. Meine Aufregung war ihr nicht entgangen, doch um nicht schwindeln zu müssen und ein wenig Zeit zu schinden, umging ich ihre Frage kurzerhand.

»Zieh deine Jacke aus, das Essen ist gleich fertig«, lud ich sie mit einem Lächeln ein, das ungezwungener wirken sollte, als mir zumute war.

 

Hätte ich es doch nur schon hinter mir, sinnierte ich, während ich vor ihr her in die Küche ging, um nach dem Nudelauflauf zu sehen, der im Backofen garte.

»Irgendetwas ist doch los, du hast sogar für mich gekocht«, blieb Hannah hartnäckig, als sie mich am Herd eingeholt hatte. Ich wandte den Kopf zu ihr herum; unsere Blicke trafen sich. Fast wäre ich ihrem ausgewichen, doch ein neuerliches Nachhaken von ihrer Seite hielt mich davon ab.

»Nun sag schon, gibt’s was zu feiern? Obwohl ich mir das eigentlich nicht vorstellen kann, so, wie du grad guckst.« Forschend schaute sie mich an; ich öffnete den Mund und begann zu sprechen:

»Es ist … ähm …«

»Ja?«

»Oh Mann«, seufzte ich angespannt, »ich muss dir etwas sagen.«

»Aha? Dann raus damit, mit diesem Essen in Aussicht bin ich zu allem bereit«, witzelte sie selbstbewusst. Unter anderen Umständen hätte ich über diesen harmlosen Scherz gelacht, doch aktuell stand mir nicht der Sinn nach Heiterkeit.

Ob es gut oder ungünstig war, dass exakt in diesem Augenblick die im Backofen eingebaute Uhr klingelte, weiß ich nicht. Zumindest bescherte es mir einige Minuten des Durchatmens und die Gelegenheit, einen geeigneten Gesprächseinstieg zu finden.

»Warte noch, lass uns gleich beim Essen reden«, bat ich demzufolge, während ich zwei Teller vom Regal nahm, sie samt Besteck an Hannah weitergab und mich dem käseüberbackenen Nudelgericht zuwandte, das ich heiß und dampfend aus der Röhre hervorholte.

 

»Ich würd unheimlich gern mal wieder eine Nacht mit dir verbringen«, setzte ich an, nachdem sie sich von der Speise aufgefüllt und ich ihr ein Glas von dem kühlen Weißwein eingeschenkt hatte. Ich sah, dass ihre Augen bei dieser Aussicht verheißungsvoll zu funkeln begannen.

»Oh Björn, ja! Das wünsche ich mir auch. Das eine Mal, als du bei mir geschlafen hast, ist schon wieder so lange her. Aber was solltest du machen? Du warst beruflich stark eingespannt, da ging es halt nicht«, erwiderte die junge, bildhübsche Frau an meinem Küchentisch wie aus der Pistole geschossen. Ich räusperte mich beschämt – das war die Version, die ich sie glauben gemacht hatte. Die Wahrheit war eine ganz andere. Eine, die nun danach verlangte, ausgesprochen zu werden.

»Ehrlich gesagt existiert neben der vielen Arbeit noch ein weiterer Grund, der mich bislang davon abgehalten hat …«

»Aber was?« Irritiert sah sie mir ins Gesicht.

Ich hob verlegen zu einer Erklärung an, versicherte ihr gleich zu Anfang, wie groß meine Liebe zu ihr sei und wie beträchtlich meine Angst, sie durch das nun Folgende zu vergraulen. Hannah lauschte aufmerksam, lächelte mir zuweilen unterstützend zu und legte den Kopf beim Zuhören auf die Seite. Insbesondere bei den prägnanten Beschreibungen meiner Emotionen, die sich auf den Windelfetisch und die daraus entstandene, höchst erregende Vorliebe bezogen, in der Nacht eine Windel tragen und diese auch nassmachen zu wollen, konzentrierte sie sich auf jedes meiner Worte. In diesem Zusammenhang erschloss sich ihr der schambehaftete Umstand, der mich dazu bewogen hatte, ihr herrlich einladendes Bett bis zum heutigen Zeitpunkt zu meiden.

 

Wie vorausgesehen war Hannah zu klug und zu aufgeklärt, um mich für das, was mich in meinem Innersten bewegte, zu verachten oder es als nichtig abzutun. Sie nahm mein Gesagtes ernst, stellte interessiert Fragen und bemühte sich sichtlich, sich in das, was ich ihr beschrieben hatte, hineinzufühlen. Dass sie meine Schilderung nicht auf Anhieb würde komplett nachvollziehen können, hatte ich ebenfalls erwartet. Fürs Erste reichte es mir, von meiner Freundin zu hören, dass sie mich trotz des Geständnisses nicht weniger innig liebte. Ebenso, dass sie durchaus in der Lage sei, die wohlige Behaglichkeit und den Aspekt der Geborgenheit, der mit meiner Passion einherging, zu verstehen. Das Erfassen der damit zusammenhängenden Erotik würde ihr noch schwerfallen, fügte sie gleich darauf hinzu, doch auch daran, so versicherte sie mir liebevoll zwinkernd, ließe sich bestimmt arbeiten. Und ich wüsste auch schon wie, fuhr es mir durch den Kopf, als ihr warmer Blick dem meinem begegnete.

 

Es war die Ausführung meiner Idee, die gleichzeitig als Plan B hätte fungieren sollen, und für die ich nach unserer einfühlsamen Unterhaltung nun ausreichend Kühnheit verspürte. Ich ließ mich einzig von der Zuversicht leiten, dachte weder darüber nach, ob dieser zweite Empathieanstoß womöglich zu früh erfolgte oder ob er überhaupt von Nöten gewesen wäre, als ich Hannah nach dem Abendessen entschlossen an die Hand nahm.

»Wie wäre es, wenn diese Nacht heute stattfindet?«, raunte ich ihr auf dem Weg ins Schlafzimmer über die Schulter hinweg zu.

»Und sie könnte schon jetzt, um kurz nach sieben Uhr beginnen«, gab die aufgeweckte Schönheit hinter mir lasziv zurück.

 

Ein keckes Grinsen war ihre Reaktion auf die gefaltete, weiße Windel, die sie in der Erwachsenengröße auf meinem Bett liegend vorfand.

»Das ist grad aber kein Zufall, oder?«, fragte sie mich amüsiert und trat an das flache Windelpäckchen heran, um es von der Bettdecke hochzunehmen.

»Oh …«, tat ich erstaunt, »die muss ich aus Versehen hier liegengelassen haben.«

»Nein, hast du nicht.« Das Schmunzeln in Hannahs Gesicht verstärkte sich, dennoch betrachtete sie die Molicare in ihrer Hand aufmerksam. Keine Frage, sie hatte mich durchschaut, doch das war gewollt, sogar mehr als das.

»Exakt wie für Babys, nur größer«, beschrieb sie ihren Eindruck.

Zaghaft trat ich zu ihr, führte ihre Fingerkuppen zwischen die Falten der Einwegwindel.

»Und genauso flauschig. Fühl mal, wie weich sie hier drinnen ist.«

»Oh ja«, gab sie mir recht.

»Und das kann man spüren, wenn man sie sich anlegt.« Als meine Freundin daraufhin schwieg, ergänzte ich die zuvor getätigte Aussage um eine vorsichtige Frage:

»Möchtest du es ausprobieren?« Dem Ausdruck in ihrem Gesicht entnahm ich, dass ich für den Moment zu weit vorgeprescht war.

»Ich weiß nicht, vielleicht irgendwann einmal. Aber wenn du eine anziehen willst, darfst du es heute Nacht gern tun. Doch vorher …«

 

Von diesem unvollendeten Satz begleitet, legte sie die Windel zurück auf das Bett, schlang beide Arme um mich und küsste mich ausgelassen. Ihre Finger an meiner Gürtelschnalle, ihr schneller werdender Atem an meinem Ohr und ihre Stimme, die mir zuflüsterte, wie heiß sie sei und wie sehr sie sich nach mir gesehnt habe, sorgten dafür, dass das aufgeregte Herzklopfen vom Beginn des Abends zurückkehrte. Nun jedoch aus lauter Freude und Erleichterung über Hannahs Aufgeschlossenheit und die positive Resonanz, die meine Fetischbeichte bei ihr hervorgerufen hatte. Mein Puls drohte sich zu überschlagen; ich war trunken vor Glück und fühlte eine unbändige Lust auf diese wundervolle Frau, die ich so fest in meinen Armen hielt, und auf die Fortsetzung unseres Beisammenseins – demnächst sogar mit Windel.